Appell des Saarländischen Flüchtlingsrates
Pressemitteilung, 27.07.2018
Die saarländische Zivilgesellschaft will kein Anker-Zentrum
Aufnahme von Geflüchteten ist Ländersache
Plädoyer für eine asylpolitische Abrüstung
Der Appell des Saarländischen Flüchtlingsrates gegen die Aufrüstung des Flüchtlingslagers Lebach zu einem Anker-Zentrum findet immer mehr Unterstützung in der saarländischen Zivilgesellschaft. Viele saarländische Flüchtlingsinitiativen bzw. deren Vertreterinnen und Vertreter lehnen das geplante Anker-Zentrum ab. Auch große Verbände wie die Arbeiterwohlfahrt (AWO), Der Paritätische, die Gewerkschaften Ver.di, GEW oder die katholische KAB tragen den Appell mit.
„Die Unterstützer des Appells stehen für eine Politik des Willkommens und der Integration. Dass das im Saarland funktioniert, haben seit 2015 Hunderte von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in den Kommunen bewiesen“, so Maria Dussing-Schuberth vom Vorstand des Saarländischen Flüchtlingsrates. „Statt einer Politik der Kasernierung ist die Aufnahme von Geflüchteten in den Kommunen der schnellste Weg zur Integration.“ Das Potenzial an Hilfsbereitschaft und Solidarität sei nach wie vor beeindruckend.
Der Saarländische Flüchtlingsrat hat bereits mehrmals die Saarländische Landesregierung aufgefordert, ihre Pläne in Sachen Anker-Zentrum aufzugeben. Wörtlich heißt es in dem Appell: „Es gibt für diese Zentren keine vernünftige Rechtfertigung. Die Ideen dazu wurzeln ausschließlich in einer hysterischen und rechtspopulistisch aufgeladenen gesellschaftlichen Diskussion über 'illegale Masseneinwanderung'.“
„Nicht Seehofer oder das BAMF entscheiden. Die Aufnahme von Geflüchteten ist immer noch Ländersache. Es geht um die Frage, ob Geflüchtete im Saarland willkommen sind“, erklärte Gertrud Selzer, ebenfalls vom Vorstand des Saarländischen Flüchtlingsrates. „Unser Appell ist ein Plädoyer für eine asylpolitische Abrüstung, für eine Flüchtlingspolitik, die sich an Menschenrechten, Selbstbestimmung und dem Prinzip einer offenen Gesellschaft orientiert. Massenlager sind nicht nur inhuman, sie spielen direkt der AfD und anderen Rechtspopulisten in die Hände.“
Den Appell und die bisherigen Unterstützer finden Sie hier:
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Kein saarländisches AnkER-Zentrum
Ein Appell des Saarländischen Flüchtlingsrates e.V.
Willkommenskultur? Familienzusammenführung? Integration? Mit der AfD im Rücken haben heutzutage in der Flüchtlingspolitik Abschottung und Abschiebungen Konjunktur. Das beweist auch die Entscheidung des saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU), das Flüchtlingslager Lebach zu einem so genannten AnkER-Zentrum aufzurüsten, ohne überhaupt den Koalitionspartner (SPD) zu informieren.
„AnkER“ steht für Ankunft, Entscheidung und Rückführung und lässt schon sprachlich erahnen, wo der Schwerpunkt liegt: Kasernierung und Abschiebung. So weit bekannt, sehen die bisherigen Planungen vor, dass Geflüchtete in diesen Zentren zwangsweise bis zu 18 Monaten untergebracht werden sollen, vom Rest der Gesellschaft isoliert, inklusive Arbeitsverbot und Sachleistungsprinzip. Schulpflicht für Kinder ist nicht vorgesehen. Der Zugang zu unabhängigen Beratungsstrukturen und juristischem Beistand wird strukturell deutlich erschwert, womit der grundgesetzlich garantierte Zugang zum Recht für Geflüchtete faktisch ausgehebelt wird.
Deshalb wenden wir uns mit diesem Aufruf an die Saarländische Landesregierung und fordern sie auf, ihre Pläne für ein AnkER-Zentrum im Saarland aufzugeben. Nichts würde dadurch besser, vieles aber noch schlechter als es jetzt schon im Flüchtlingslager Lebach ist. Es gibt für diese Zentren keine vernünftige Rechtfertigung. Die Ideen dazu wurzeln ausschließlich in einer hysterischen und rechtspopulistisch aufgeladenen gesellschaftlichen Diskussion über „illegale Masseneinwanderung“.
Die geplanten AnkER-Zentren stehen zu Recht in der Kritik. Vom Repräsentanten des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Deutschland über die vielen Flüchtlingsinitiativen und -verbände bis hin zu Caritas, Diakonie oder Der Paritätische werden die geplanten AnkER-Zentren abgelehnt. Auch die Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände hat sich deutlich dagegen ausgesprochen. In den Bundesländern wächst gleichfalls der Widerspruch: In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Berlin und Thüringen soll es keine AnkER-Zentren geben.
AnkER-Zentren sind integrationsfeindlich und verstärken die Isolation und Fremdbestimmung von Geflüchteten. Und sie führen die bisherigen Leistungen von Wohlfahrtsverbänden und ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen ad absurdum. Gerade die Erfahrungen vor Ort haben gezeigt, dass die Aufnahme von Flüchtlingen in den Kommunen am Anfang jeder Integration und Teilhabe steht.
In diesem Sinn plädieren wir für eine deutliche asylpolitische Abrüstung, für eine Politik, die sich an Menschenrechten, Selbstbestimmung und dem Prinzip einer offenen Gesellschaft orientiert. Massenlager machen krank, sowohl körperlich wie psychisch. Das gilt für das Flüchtlingslager Lebach bereits in der jetzigen Form: Die Dauerversorgung durch Lebensmittelpakete oder die teilweise extrem hohen Aufenthaltszeiten bis zu 10 Jahren und mehr sind nicht hinnehmbar. Es gibt also noch genug zu verbessern, hier bei uns, im Saarland.
Unterstützerinnen und Unterstützer des Appells in alphabetischer Reihenfolge finden Sie hier