Antifa Café, Regensburg, 5. Januar 2017
Referent: Roland Röder, Aktion 3.Welt Saar e.V.
Donnerstag, 5. Januar 2017
VeranstalterInnen: Antifa Café
LiZe – Linkes Zentrum Regensburg
Der Faire Handel verspricht, die Welt durch Konsum sozial gerechter zu machen und hat jährlich ein zweistelliges Wachstum. Doch im Rausch der Wachstumskurven geraten zumeist die politischen und ökonomischen Grundlagen aus dem Blick. Kann man eine bessere Welt wirklich kaufen, kann es einen fairen Kapitalismus geben? Genau das unterstellt der Faire Handel: Die Welt werde besser, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen ein Stückchen gerechter, wenn viele Menschen ‚gerecht‘ kaufen und konsumieren. Dies wird auch von Bundes- und Landesprogramme genährt, die jährlich zweistellige Millionenbeträge an die Fair-Handels-Akteure ausschütten. Die damit geförderte Entpolitisierung wird fürstlich alimentiert.
Der Referent war Redaktionsmitglied der Flugschrift „Fairer Handel – Ist eine bessere Welt käuflich?, die die Aktion 3.Welt Saar gemeinsam mit dem Ökumenischen Netz Rhein-Mosel-Saar (Koblenz) heraus gegeben hat. Die vierseitige Publikation erschien in einer Auflage von 120.000 Ex. und lag u.a. der taz, dem ND und der Jungle World bei.
"Es gibt ja auch kein faires Wetter" – Diskussion über die Erfolge und Leerstellen des Fairen Handels.
In der Flugschrift werden Erfolge des Fairen Handels benannt, aber auch seine Grenzen. Die HerausgeberInnen kommen aus der Fair-Handels-Praxis. Aber sie teilen nicht die (Wachstums-) Euphorie vieler Fair-Handels-Akteure, weil sie den Fairen Handel im Zusammenhang des ‚Ganzen’ der kapitalistischen Gesellschaft reflektieren. Diese Gesellschaftsformation stößt an die Grenzen ihrer Reproduktionsmöglichkeiten. Dies zeigt sich in den vielfältigen globalen Krisen.
Deshalb fragen sich die AutorInnen der Flugschrift, ob eine bessere Welt käuflich ist und es überhaupt einen fairen Kapitalismus geben kann? Der Faire Handel suggeriert, dass die Welt besser wird, wenn viele kleine Menschen viele kleine und ‚gerechte‘ Käufe tun. Aber genau das ist eine Illusion. Das Leben einiger Menschen kann verbessert werden, was schon sehr viel ist. Dies greift aber angesichts der globalen Überlebenskrisen zu kurz. Daher wäre es an der Zeit, dass sich der Faire Handel an seine Ursprünge der Kritik an den Strukturen des Welthandels erinnert und diese weiterführt zur Kritik des Kapitalismus, dessen zerstörerische Dynamik ‚das Ganze’ bedroht.
Der Faire Handel wirkt wie faires Wetter: Wünschenswert aber nicht erreichbar. Das Wetter gehorcht ebenso wie der Kapitalismus anderen Prämissen und nicht den individuellen Wünschen der Akteure. Es gibt keine kapitalistische Wirtschaft ohne den Zwang zum Wachstum. Dem kann sich kein Akteur des Fairen Handels entziehen.
„Eine bessere Welt ist nicht käuflich, sonst hätten wir sie schon.“
Roland Röder ist Geschäftsführer der Aktion 3.Welt Saar e.V. (www.a3wsaar.de). Die Aktion 3.Welt Saar betreibt einen 3.Welt Laden, sieht aber manches dazu kritisch. Der Referent ist zudem aktiver Fußballfan und Kleingärtner. In der Jungle World schreibt er die Gartenkolumne „Krauts & Rüben. Der letzte linke Kleingärtner“.
Hintergrundinformationen:
Flugschrift „Fairer Handel – Ist eine bessere Welt käuflich?“
Der Begleitfilm „Fairprügeln“ zur Flugschrift
„Der Faire Handel ist überbewertet“ Interview, Radio Dreyeckland (Freiburg) mit Roland Röder: Radiointerview - Fair Trade - ist eine bessere Welt käuflich?
Übersetzung der Flugschrift ins Niederländische
Redactie Supermacht – Bob Bleijerveld: ¨Fair Trade: is een betere wereld te koop?¨