Pressemitteilung
12.3.2010
Proteste der Flüchtlinge im Lager Lebach gehen weiter
Auch heute, 12. März 2010, verweigern Flüchtlinge die Annahme der Lebensmittelpakete
Saarländischer Flüchtlingsrat kritisiert in scharfer Form
Innenstaatssekretär Georg Jungmann (CDU)
Die Flüchtlinge im Lager Lebach setzen den seit über einer Woche andauernden Boykott der Lebensmittelpakete weiter fort. Die Proteste begannen am 4. März während des Besuchs des Innenausschusses des Saarländischen Landtages im Flüchtlingslager Lebach und dauern seitdem an. Das Ziel der Proteste ist die Abschaffung der Lebensmittelpakete. Stattdessen wollen die Menschen im Lager Lebach Geld haben, damit sie selbst bestimmen können, was sie für sich und ihre Familien einkaufen. Der Saarländische Flüchtlingsrat solidarisiert sich mit den Flüchtlingen. Ihr Protest ist angesichts der Zustände im Lager Lebach notwendig und legitim.
In scharfer Form kritisierte Roland Röder vom Vorstand des Saarländischen
Flüchtlingsrates die Aussage von Innenstaatssekretär Georg Jungmann, mehr Geldleistungen führten zu einer "Eskalation der Gewalt" und Geldleistungen hätten dazu geführt, dass Flüchtlinge andere beraubt und erpresst hätten. „Wer Flüchtlinge kollektiv verleumdet und jetzt einfach nur nach mehr Polizei verlangt, statt sich darüber Gedanken zu machen, warum es diese Proteste überhaupt gibt, dokumentiert seinen mangelnden politischen Sachverstand und erweist sich als Fehlbesetzung. Nicht law and order werden gebraucht, sondern dialogorientierte Problemlösungen im Interesse der Flüchtlinge.“ Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre, endlich vom überholten Sachleistungsprinzip wegzukommen. Das wäre nicht nur billiger, sondern es würde auch zur Entspannung der Situation beitragen. Die Menschen wollen nicht ständig gegängelt werden, sondern ihr Leben selbst bestimmen. Das ist die Botschaft der Proteste im Lager Lebach.
Als besonders zynisch kritisierte Roland Röder die Behauptung Jungmanns, dass die protestierenden Flüchtlinge andere Flüchtlinge bedrohen und einschüchtern würden. Tatsache sei aber, dass viele Flüchtlinge zuerst einmal Angst vor der Verwaltung und aufgrund ihres unsicheren Status auch Angst vor staatlichen Repressalien hätten.
Laut Innenministerium wurden am Mittwoch von den etwa 400 Lebensmittel- und Hygienepaketen nur 143 abgeholt. „Das bedeutet Zweierlei“, so Roland Röder weiter: „Erstens beschränken sich die Proteste nicht nur auf eine kleine Gruppe von Flüchtlingen, wie Innenstaatssekretär Jungmann behauptet. Tatsächlich waren es mehrere Hundert, getragen von Menschen aus verschiedenen Ländern. Und zweitens konnten trotzdem 143 Pakete abgeholt werden ohne dass es deswegen zu einem Zwischenfall gekommen wäre.“
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Mehr Informationen zu den Protesten im Flüchtlingslager Lebach</link>