Zweiter Prozess wegen Mord an Samuel Yeboah am OLG Koblenz endet am 9. Juli mit Urteilsverkündung

Ob Verurteilung oder Freispruch des Anführers der Saarlouiser Nazi-Szene: Der Prozess und die erreichten institutionellen Veränderungen sind ein politischer Erfolg
Politisch saß auch das saarländische Staatsversagen auf der Anklagebank

Pressemitteilung vom 5.Juli 2024

„Egal ob der angeklagte ehemalige Anführer der Saarlouiser Nazi-Szene Peter St. verurteilt oder freigesprochen wird, das Verfahren selbst war ein politischer Erfolg, den wir erreicht haben. Mit zu diesem Erfolg gehört auch die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, eines Opferfonds und eines Anti-Rassismus-Beauftragten durch den saarländischen Landtag. Diese strukturellen wie institutionellen Veränderungen haben wir politisch erstritten.“ So bewertet Roland Röder, Geschäftsführer der Aktion 3.Welt Saar, den Prozess im Mordfall Samuel Yeboah vor dem Staatsschutzsenat des OLG Koblenz, der nach 18 Prozesstagen – er begann am 27.2. - am 9. Juli (14 Uhr) mit der Urteilsverkündung zu Ende geht. Verhandelt wurde der rassistische Mord an Samuel Yeboah am 19.9.1991 im saarländischen Saarlouis durch einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim. Dabei wurden 20 andere Hausbewohner verletzt und traumatisiert. Im ersten Prozess, der 48 Prozesstage vom 16.11.2022 bis 9.10.2023 dauerte, gab es einen Schuldspruch.

„Letztlich saß bei diesem Prozess auch das saarländische Staatsversagen auf der Anklagebank“, so Röder. Dreißig Jahre hatten Polizei, Justiz, Parteien und Teile der Medien dieses Verbrechen, das im Kontext von rund 20 weiteren rassistischen Anschlägen während der Regierungszeit von Oskar Lafontaine (SPD) und seinem Innenminister Friedel Läpple steht, als Streitereien zwischen Jugendlichen verharmlost. Mit dieser „Interpretation“ aus dem Hamsterrad der Bagatellisierung wurde das eigene Nichtstun legitimiert. Seriös ermittelt wurde nicht.

„Wir hielten 30 Jahre lang gegen massive Widerstände und Anfeindungen durch viele Aktionen den rassistischen Mord an Samuel Yeboah öffentlich in Erinnerung“, so Röder. Daraufhin offenbarte sich eine Zeugin 2020 bei der Polizei und im Sommer 2020 begannen die Ermittlungen. Ohne das kontinuierliche Wirken von Organisationen wie der Aktion 3.Welt Saar, dem Saarländischen Flüchtlingsrat und der Antifa Saar wäre dies nie möglich gewesen.

Seitens der Aktion 3.Welt Saar nahmen wir von 2022 bis heute an allen 66 Prozesstagen in den beiden Yeboah-Mordprozessen meist mit mehreren Mitarbeiter:innen als Beobachter teil. Die Prozessberichte veröffentlichen wir auf unserer Webseite.
 


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