Beim Yeboah-Untersuchungsausschuss sagten die Vertreter des saarländischen Staatsversagens als Zeugen aus

Lafontaine betreibt Täter-Opfer-Umkehr: Wenn keine Flüchtlinge kommen, gibt es weniger Anschläge
Ehemaliger Innenminister sprach von Mauer zwischen sich und der Polizei in Saarlouis

Pressemitteilung vom 4.April 2025

„Beim Yeboah Untersuchungsausschuss (UA) saßen bei der 15. Sitzung am 1.4.2025 die Repräsentanten des saarländischen Staatsversagens auf der Zeugenbank. Sie vertraten das jahrzehntelange staatliche Wegschauen angesichts der Fülle an Brand-, Bomben-, Mord- und Terroranschlägen im Saarland der 1990er Jahre. Von den rund 20 Anschlägen wurde damals keiner aufgeklärt.“ So kommentiert Hans Wolf von der Aktion 3.Welt Saar die Auftritte von Lafontaine & Co. Beim Brandanschlag vom 19.9.1991 in Saarlouis wurde Samuel Yeboah, ein Flüchtling aus Ghana, ermordet. Als Zeugen sagten aus: Oskar Lafontaine (Ex-SPD, Ex-Ministerpräsident) Friedel Läpple (SPD, Ex-Innenminister), Reinhard Klimmt (SPD, Ex-Vorsitzender des Ausschusses für Fragen des Verfassungsschutzes), Peter Jacoby (CDU, Ex stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Fragen des Verfassungsschutzes), Richard Dewes (SPD, Ex- Innenstaatssekretär) und Roland Rixecker (Ex-Justizstaatssekretär).

Eine Konstante, die sich durch alle Aussagen hindurch zog, war die Behauptung, man hätte damals gewusst, dass es eine aktive Naziszene gab und man hätte die Mord- und Brandanschläge dem Rechtsextremismus zugeordnet. „Dies ist schlichtweg eine politische Lebenslüge, denn drei jahrzehntelang wurde genau dies von allen staatlichen Stellen – Parteien, Justiz, Polizei – geleugnet. Einzig in der Zivilgesellschaft gab es Organisationen wie die Aktion 3. Welt Saar, der saarländische Flüchtlingsrat und die Antifa Saar, die dieser offiziellen Lesart widersprachen. Deren Engagement für die Aufklärung des Mordes an Samuel Yeboah ist es mit zu verdanken, dass eine Zeugin 2019 aussagte und seit 2020 seriös seitens der Polizei ermittelt wurde. In der Zwischenzeit gab es zwei OLG Prozesse in Koblenz mit der Verurteilung eines Täters zu sechs Jahren und zehn Monaten sowie die Einsetzung eines Opfer-Entschädigungsfonds, eines Anti-Rassismus-Beauftragten und des UA.

Insbesondere eine Aussage von Friedel Läpple (SPD), der von 1985 bis 1999 Innenminister war, sticht hervor und bestätigt die drei Organisationen aus der Zivilgesellschaft: Läpple berichtete davon, dass er bei seinen Besuchen in der Polizeiwache Saarlouis immer eine Distanz wahrnahm, so als sei eine Mauer zwischen dem Gros der Polizisten und ihm als Vorgesetzten. Dies sei ihm bei keiner anderen Polizeidienststelle passiert. „Wenn aber schon der Innenminister keinen Zugang zu „seinen“ Polizisten hatte, dann war der für Bürger und Jugendliche, die sich gegen rechts wehrten, noch weniger vorhanden“, so Wolf. Im ersten Koblenzer OLG Prozess hatte am 20. Prozesstag am 7.3.2023 ein ehemaliger Bewährungshelfer Ähnliches formuliert, als er davon sprach, dass manche Polizisten in Saarlouis der Meinung waren, es gäbe zu viele Ausländer in Deutschland.

„Bizarr fand ich auch die Täter-Opfer Umkehr, die insbesondere von Oskar Lafontaine und Richard Dewes betrieben wurde. Beide waren jetzt noch stolz darauf, dass sie mit der Aushöhlung des Asyl-Artikels 16 im Grundgesetz vom Mai 1993 den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland reduzierten und es weniger Anschläge gab. Damit machen sie im Umkehrschluss die Anwesenheit von Flüchtlingen für die Anschläge verantwortlich und nicht die rassistische Grundstimmung, innerhalb derer Nazis agierten“, so Hans Wolf.

Am 8. 4. tagt der UA wieder und wird weitere Personen von staatlichen Stellen zu ihrer Rolle und ihrer Wahrnehmung von den rassistischen Anschlägen der 1990er befragen.  

Mehr Infos zu dem Mordfall Samuel Yeboah gibts hier.