Redebeitrag von Klaus Blees (Aktion 3.Welt Saar) bei der Montagsdemonstration gegen Atomanlagen, 18. April 2011, Trier

In der Politik ist es wie im Fußball...

Es gilt das gesprochene Wort.

In der Politik ist es wie im Fußball: Wenn Eintracht Trier mehrere hundertprozentige Chancen nicht nutzt, dann geht das Spiel verloren.

Das ist nicht nur bei der Eintracht so.

Eigentlich dürfte der Atomausstieg kein Thema mehr sein.

Die Chancen waren da.

Als Rot-Grün 1999 die Bundestagswahl gewann, war die historisch einmalige Chance da, alle Atomkraftwerke in Deutschland abzuschalten. Eine starke Anti-AKW-Bewegung und eine rechnerische parlamentarische Mehrheit.

Aber Rot-Grün ließ sich damals auf nette Gespräche und runde Tische mit der Atomindustrie ein und verließ sich auf deren Ganovenehrenwort. Wer sich auf das Ehrenwort von Ganoven verlässt, die AKWs irgendwann in der Zukunft abzuschalten, braucht sich nicht zu wundern, wenn aus dem Ausstieg nichts wird.

Ganoven halten sich nicht an ihr Ehrenwort.

Die Atomindustrie versteht nicht die Sprache des „bitte-bitte-seid-doch-so-nett-und-schaltet-ab“.

Bei der erstbesten Gelegenheit treten Ganoven ihr gegebenes Ehrenwort in die Tonne und zeigen wahlweise den Gutmütigen oder den Doofen den Vogel und machen fortan wieder ihr Geschäft. So geschehen bei der Laufzeitverlängerung letztes Jahr. 

So ist das, wenn man hundertprozentige Chancen nicht nutzt. In der Politik genauso wie im Fußball.

Vielleicht haben wir als Anti-AKW-Bewegung auch den Fehler gemacht, und die Dinge zu sehr Parteien überlassen. Daraus sollten wir lernen.

Selbstverständlich sollten wir weiterhin auch mit Parteien Bündnisse eingehen. Auf Augenhöhe allerdings.

Parteipolitiker reagieren nur auf Druck einer starken, außerparlamentarischen Bewegung. Das hat die Geschichte der Anti-AKW Bewegung gezeigt. Als parteiunabhängige Bewewgung hatten wir Erfolge und konnten eine Vielzahl geplanter Atomanlagen verhindern:

  • im badischen Wyhl am Kaiserstuhl
  • im luxemburgischen Remerschen (direkt bei Schengen und Perl gelegen)
  • in Wackersdorf in der Oberpfalz
  • im rheinland-pfälzischen Kaisersesch
  • die Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben
  • den Schnellen Brüter in Kalkar
  • und nicht zuletzt das sicherste AKW der Republik: in Mühlheim Kärlich.

Andere AKWs konnten wir nicht verhindern.
Im Falle von Cattenom und des geplanten Atommüllendlagers im lothringischen Bure haben wir dafür gesorgt, dass die Kritik daran unüberhörbar ist. Dasselbe gilt für die CASTOR-Transporte.

Dabei dürfen wir eins nie vergessen: Atomkraftwerke in Deutschland  (- die gebauten wir die verhinderten -)  wurden immer auch militärisch durchgeboxt, mit Polizeigewalt. Viele in der Anti-AKW Bewegung holten sich trotz besserer Sachargumente an den Bauzäunen blutige Nasen und wurden mit Gerichtsverfahren überzogen.

Dass  heute überhaupt der Ausstieg aus der Atomenergie greifbar nahe scheint, ist auch das Verdienst derjenigen, die über Jahrzehnte nicht locker ließen und sich nie die Mär von der friedlichen Atomenergie erzählen ließen. Dass AKWs eine hochgradig unfriedliche Technologie sind, sieht man daran, dass sie mit Polizeiknüppeln durchgeboxt worden sind und daran, dass an der Wiege der ach so friedlichen Atomkraftwerke die ganz und gar unfriedliche Atombombe stand. Atomkraftwerke und Atombomben haben den gleichen Ursprung.

Es kann nicht darum gehen, nostalgisch die alte Anti-AKW Bewegung zu kopieren. Aber es sollte möglich sein, ihre zentrale Stärke wieder aufzugreifen: Insbesondere ihre Unabhängigkeit und Wachsamkeit gegenüber Parteiversprechen jedweder Couleur.

Um nicht gewollt oder ungewollt missverstanden zu werden: Ich bin sehr dafür, auch mit Parteien zu kooperieren. Auf Augenhöhe. Genau dies hat die Anti-AKW Bewegung immer gemacht.

Wir erleben zur Zeit in dieser Region ein Beispiel, bei dem dies leider nicht der Fall ist. Die Internationale Aktionsgemeinschaft gegen Cattenom aus den 80er Jahren wurde wieder gegründet und organisiert für nächsten Montag in Cattenom eine Demonstration.

Eine sinnvolle Sache, die wir seitens der Aktion 3.Welt Saar unterstützen.

Allerdings kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier die Parteipolitik im Vordergrund steht. Rund 80% aller bisher gehandelten Redner und Rednerinnen kommen aus Parteien. Die Dominanz der Parteien führte dazu, dass die Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier letzte Woche ausgestiegen ist aus der Internationalen Aktionsgemeinschaft gegen Cattenom. Das können wir gut verstehen.

Von Seiten der Aktion 3.Welt Saar haben wir angesichts der Ereignisse in Japan eine andere Entscheidung getroffen und erleben die skurrile Situation,

  • keine Einladungen zu Treffen zu erhalten,
  • nicht informiert zu werden und bewusst aus den entscheidenden Gremien ausgegrenzt zu werden. Dies hat unseres Erachtens mit einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe nichts zu tun.

Traurig, dass ausgerechnet dem grün dominierten Bündnis diese Vorgehensweise notwendig erscheint. Angesichts der realen Bedrohung durch Cattenom und der Ereignisse in Fukushima macht uns dieses parteigrüne Verhalten ein Stück weit sprachlos. Aber wir bleiben dabei: Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Denn eine schwache Anti-AKW-Bewegung ist der unfreiwillige Garant dafür, dass uns die Atomlobby erneut ihr Ganovenehrenwort geben kann.

Deshalb freut es mich, dass die Anti-Atom-Proteste in Trier nicht von Parteien dominiert sind.
Besonders freut es mich, hier in den letzten Wochen und auch heute Menschen zu sehen, die schon vor Jahren gegen Atomanlagen aktiv waren.  Und es freut mich, neue Gesichter zu sehen, Menschen, die in den Anfangszeiten dieser Bewegung noch nicht geboren waren.
Lasst uns die Chance nutzen, gemeinsam dem Spuk ein Ende zu setzen.

Wir brauchen den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie: aus der zivilen wie aus der militärischen Nutzung.

Jetzt!

Sofort !

Endgültig!


Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Vortrag mit Jens Klein, Café Chavalo Leipzig, Mittwoch, 20. März 2024

Weiterlesen

Donnerstag, 7. März, 20 Uhr
Online-Vortrag mit Ottmar Ilchmann - Milchbauer in Ostfriesland,…

Weiterlesen

Samstag, 20.01.2024, 12 Uhr, Willy-Brandt-Haus, Berlin

Weiterlesen