Zweiter Prozess wegen Mord an Samuel Yeboah beginnt am 27. Februar 2024 vor dem OLG Koblenz

Anführer der Saarlouiser Nazi-Szene vor Gericht
Politisch sitzt auch das saarländische Staatsversagen auf der Anklagebank

Pressemitteilung vom 24.Februar 2024

„Die Phantasien zur ‚Remigration‘ des Potsdamer Geheimtreffens im Dezember hatten auch im Saarland ihre politischen Vorläufer. Deswegen begrüßen wir den zweiten Prozess wegen der Ermordung des Flüchtlings Samuel Yeboah und werden den Prozess beobachten. Dazu haben wir ein zehnköpfiges Team zusammengestellt, das abwechselnd an allen Prozesstagen vor Ort sein wird und veröffentlichen unsere Ergebnisse.“ So kommentiert Hans Wolf von der Aktion 3.Welt Saar den Prozessbeginn am 27. Februar vor dem 4. Strafsenat des OLG Koblenz gegen Peter St. Ihm wird Beihilfe zu Mord und Beihilfe zu versuchtem Mord zur Last gelegt. Es geht dabei um den Brandanschlag vom 19.9.1991 auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis, in dessen Folge Samuel Yeboah aus Ghana starb.

Im ersten Prozess wurde im Oktober 2023 nach 48 Prozesstagen der Angeklagte Peter S. nach Jugendstrafrecht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der jetzige Angeklagte, Peter St., wurde im ersten Prozess von mehreren Zeugen und Zeuginnen – darunter ehemalige Gesinnungsgenossen - als Kopf der rechten Saarlouiser Skinheadszene geschildert. Sein Anwalt, Wolfgang Stahl, war einer der drei Anwälte im Prozess gegen Beate Zschäpe. Zentral sind in diesem Prozess die Aussagen eines Aussteigers aus der Naziszene, der bereits im ersten Verfahren umfangreich ausgesagt hat.

„Politisch sitzt bei diesem Prozess auch das saarländische Staatsversagen auf der Anklagebank. 30 Jahre lang haben staatliche Stellen im Saarland – Polizei, Justiz, Parteien – den rassistischen Charakter des Mordes an Samuel Yeboah geleugnet und die Existenz einer Naziszene bagatellisiert“, so Hans Wolf. Dazu gehören noch zwei Dutzend weitere rassistische Brand-, Bomben- und Mordanschläge im Saarland, die nie aufgeklärt wurden. Nur durch das Engagement zivilgesellschaftlicher Organisationen wie der Aktion 3.Welt Saar, der Antifa Saar und dem Saarländischen Flüchtlingsrat, die 30 Jahre lang der offiziellen Version widersprachen, geriet der Mord an Samuel Yeboah nicht in Vergessenheit. Daraufhin meldete sich 2019 eine Zeugin, und es wird seit 2020 zum ersten Mal seriös durch die Polizei ermittelt.

„In der Zwischenzeit wurden zwei weitere unserer Forderungen erfüllt und der saarländische Landtag setzte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein und beschloss einen Entschädigungsfonds für Opfer rassistischer Gewalt. Was noch fehlt, ist die Freigabe der Akten der Polizei und des Verfassungsschutzes aus der Zeit der Saarlouiser Baseballschlägerjahre“, so Wolf.

Hintergrund:
Bewertung, Berichte, Medienberichte und Chronik des ersten Yeboah-Prozesses.

Pressemitteilung des OLG Koblenz: t1p.de/76qga

März 1996: Ca. 100 Neonazis demonstrieren unter dem Motto „Wo sind Eure Lichterketten?“ in Saarlouis


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